Rückblick Fachtagung Gartenbau
Zukünftig dem Markt gewachsen

Fachtagung Gartenbau 2022

© Gundula Holm, AELF FU

Die Fachtagung Gartenbau widmete sich dem Friedhofsgartenbau und aktuellen Marktentwicklungen für die gärtnerischen Fachbetriebe. Das Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) Fürth-Uffenheim und der Erzeugerring (ER) für Blumen und Zierpflanzen Mittelfranken e.V. führten die Veranstaltung gemeinsam durch. Sie fand am 24. Februar 2022 online statt.

Ziel sei, den gartenbaulichen Betrieben einen Überblick über die Marktentwicklung sowie marktorientierte Strategien zu verschaffen, so Josef Hofbauer, Leiter der Abteilung Gartenbau am AELF. Gemeinsam mit Bernhard Nill, Vorsitzender des Erzeugerrings für Blumen und Zierpflanzen Mittelfranken e.V., eröffnete er die Veranstaltung. Durch das Programm führte Uta Hübner (Betriebswirtschaftsberaterin Abteilung Gartenbau, AELF).

Strategisches Marketing im (Friedhofs-)Gartenbau

Gundula Holm, Marketingberaterin am AELF Fürth-Uffenheim, referierte über "Strategisches Marketing im (Friedhofs-)Gartenbau". Das strategische Marketing bezeichnet alle langfristig orientierten Marketing-Konzepte eines Unternehmens (Zeitraum 3 bis 5 Jahre). Gegenstand hierbei sei, strategisch relevante Maßnahmen im Unternehmen auszuarbeiten und zu planen.  

Strategische Ziele im Gartenbau könnten beispielsweise sein:

  • Steigerung der Kundenzahlen
  • Maßnahmen zur Entwicklung einer neuen Preisstrategie
  • Verbesserung des Betriebs-Images
  • Erhöhung der Aufträge im Bereich Dauergrabpflege
Porträtfoto Gundula Holm
Stärken- und Schwächenanalyse

Um die Chancen und Risken, die sich aus der Neuorientierung ergeben, besser abschätzen zu können, sollte im Vorfeld eine Stärken- und Schwächenanalyse im Unternehmen durchgeführt werden. Die gewünschten Strategien müssten dann in Form von möglichst einfachen, für alle verständlichen Leitsätze formuliert werden und sollten auf einer Kernbotschaft basieren. Wichtig sei, dass die Marketing-Strategie unbedingt von allen Mitarbeitern im Betrieb verstanden, umgesetzt und kommuniziert werde, so Holm. 

Darstellung der Kernbotschaften

Als positives Beispiel führte die Referentin die Kernbotschaften des Verbands Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau Bayern e. V. an. Auf der Internetseite des Verbandes finden sich die acht Leitsätze der Mitgliedsbetriebe für jeden zum Nachlesen. Dabei werden folgende Punkte aufgegriffen: Service, Fortschritt, Preis, Qualität, Mitarbeiter, Umwelt, Berufung und Profil. Diese Themen seien allgemein in der grünen Branche wichtig und könnten ebenfalls in allen anderen Fachsparten kommuniziert werden.

Innovatives Grabgestaltungskonzept

Beispielhaft stellte Holm auch das innovative Grabgestaltungskonzept "Natur Ruh" vor, das neben einer würdevollen Bestattung in der Kernbotschaft auch die Förderung der biologischen Vielfalt enthält. Somit könnten Gräber mit einer ressourcenschonenden und natürlichen Gestaltung (Futterstellen, Nistkästen, Insektenhotels, Staudenbepflanzungen usw.) eine "ökologisch wertvolle Bedeutung" bekommen.

Dienstleister mit Zukunft: (Friedhofs-)Gärtnerei Böck

Porträtfoto Julian Böck

Die Friedhofsgärtnerei Böck in Rottendorf gibt es seit 1935 und wirtschaftet als Familienbetrieb auf einer Fläche von 2 Hektar mit 4.000 m² unter Folie. Die Eigenproduktion wird zu 98 % auf dem Friedhof verpflanzt. Neben den gängigen Dienstleistungen am Friedhof hebt sich die Gärtnerei durch den Verkauf von Whirlpools und einem Angebot für den Pool-Bau von den Mitbewerbern ab. Ein weiterer Schwerpunkt liegt im Garten- und Landschaftsbau mit einem 650 m² großem Schaugarten, in dem Musterbeispiele für die Gartengestaltung und Bewässerung gezeigt werden. 

Julian Böck, Betriebsinhaber der Gärtnerei Böck, berichtete aus Sicht der Praxis, welche Herausforderungen künftig auf den Friedhofsgartenbau zukommen werden. Derzeit sei es schwer, neue Auszubildende und qualifizierte Arbeitskräfte zu finden. Das Unternehmen stellt deshalb vermehrt ausländische Arbeitskräfte ein. Um die Mitarbeiter im Betrieb zu binden, steht eine gute Bezahlung im Vordergrund. Außerdem gibt es Anreize in Form von Poolnutzung an den Wochenenden, Nutzung der Outdoorküche mit Grill im Schaugarten für private Feiern, Massageliegen und einem Fitnessraum mit 200 m².

Preiskalkulation

Bei der Preiskalkulation von Dienstleistungen im Friedhofsgartenbau rät Böck zu mehr Mut. Die derzeitige Preispolitik vieler Friedhofsgärtnereien sieht er kritisch, da viele Betriebe ihre Preise zu niedrig kalkulieren. "Gute Leistung und gute Arbeit kosten immer Geld", so Böck. Er appellierte deshalb, an die Kalkulation von Dienstleistungen realistisch heranzugehen und zeigte Beispiele für den Bereich Gräberpflege und Überwinterung auf.

Um zukünftig am Markt bestehen zu können, müssten sich die Betriebe breiter aufstellen und weitere Nischen erschließen. Böck sieht dabei die Chancen vor allem in einem breiteren Angebot an Dienstleistungen.

Best Practice: Einsatz der appbasierten Software Shaufel Online im Friedhofsgarten-bau

Maren und Dieter Radloff zwischen Blumen in Gewächshaus

Dieter Radloff, Betriebsinhaber der Gärtnerei Radloff in Nürnberg, arbeitet in seinem Endverkaufsbetrieb mit Friedhofsgärtnerei seit einigen Jahren mit der App "Shaufel Online" von Terra Software. Für ihn erleichtert das System den Arbeitsalltag. Die onlinebasierte App bietet viele Vorteile: So sind keine Infrastruktur, Installation, Updates und Datensicherung erforderlich. Die Daten können überall abgerufen und bearbeitet werden sowohl am Tablet, Smartphone, Laptop oder am PC im Büro. Über die App kann auch auf offline verfügbare Arbeitslisten zugegriffen werden. Dadurch könne der Einsatz von Ressourcen (Papierreduzierung) sowie betriebliche Prozesse (Zeitersparnis) vereinfacht werden, so Radloff.  

Auf der Startseite gibt das Dashboard eine Übersicht über alle wichtigen Informationen wie z. B. den Kalender, Aufträge, Rechnungen, Mahnungen, Zahlungseingänge sowie Artikel und Kundendaten. Die Such- und Filterfunktion ermöglicht eine gezielte Suche nach zuvor eingestellten Kriterien.

Auf dem Handy haben die Mitarbeiter Zugriff auf die Cloud und können Artikelbuchungen manuell durchführen sowie beispielsweise Bilder der geleisteten Arbeit den Aufträgen zuordnen. Damit entsteht eine bessere Übersicht und die eingetragenen Informationen sind im System direkt einsehbar. Radloff veranschaulichte weitere Funktionen, wie App-Schnittstellen für E-Post, Bank-schnittstelle und E-Mail-Versand. Zusätzlich können über das System Rechnungen verschickt, storniert oder verbucht und Kundendaten verwaltet werden.

Warenströme im Non-Food-Gartenbau

Foto4 Gordian Bihrer Aelf Augsburg

Gordian Bihrer, Marketingberater am AELF Augsburg, widmete sich dem Thema "Warenströme im Non-Food-Gartenbau". Dabei standen die Entwicklungen im Zuge der Corona-Pandemie im Fokus. Insgesamt waren die bayerischen Einzelhandelsgärtnereien seit März 2020 an 26 Wochen von den Beschränkungen betroffen (Lockdown, Lieferservice, Vertrauenskassen, Online-Shop, Click&Collect, Click&Meet). Während die Ausgaben für Textilien, Urlaubs- und Privatreisen so-wie für Neuzulassungen von PKW deutlich sanken, konnte die Gartenbaubranche nach GFK-Panel bei den Ausgaben für „DIY und Garten“ im Jahr 2020 mit einem Plus von 23% im Vergleich zu 2019 deutlich profitieren.  

Zuwachs 2021

Auch im Jahr 2021 konnte ein weiterer Zuwachs im Gartenmarkt verzeichnet werden. Dieser lag nach Erhebungen der Agrarmarkt-Informationsgesellschaft (AMI) bei einem Plus von 9,6 % gegenüber dem Vorjahr.

Warenstromanalyse 2021

Die Warenstromanalyse 2021 wurde im Auftrag des Bayerisches Staatsministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten erstellt und zeigt die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Handelswege des Non-Food-Gartenbaus auf.

Insgesamt haben bayernweit 85 Betriebe an der Umfrage vollständig teilgenommen, davon

  • 53 % Zierpflanzenbaubetriebe
  • 9,6% Baumschulen
  • 3,6% Staudengärtnereien
  • 33,7% Gemischtbetriebe
Konkurrenz

Als Hauptkonkurrenten wurden neben dem Lebensmitteleinzelhandel und Discountern auch Baumärkte und Gartencenter angegeben. Die Hauptumsätze in den Gärtnereien werden im Verkauf direkt aus der Gärtnerei an die Endkunden erzielt. Der Online-Shop spielt bei den teilnehmenden Betrieben weiterhin eine eher untergeordnete Rolle.

Die Umsatzveränderungen im Zeitraum vom März 2020 bis Juni 2021 waren deutlich durch die Lockdowns geprägt. So gab es deutliche Umsatzeinbußen während der Lockdowns im

  • Frühjahr 2020 (-3,4%)
  • Winter 2020 (-5,7%)
  • Frühjahr 2021 (- 4,3%)

In den Sommermonaten konnten dagegen deutliche Umsatzsteigerungen verzeichnet werden:

  • 2020 (+12,5%)
  • 2021 (+8,5%)

Bei der Frage nach den Sortimentsgruppen schnitten saisonale Topfpflanzen sowie Gemüsejungpflanzen auch im Jahr 2020 wieder gut ab und erzielten ein Umsatzplus. Der im Bereich Schnittblumen und grüne Zimmerpflanzen von der AMI ermittelte positive Umsatztrend kam allerdings bei den Einzelhandelsgärtnereien nicht an. Diese verzeichneten dagegen Einbußen von

  • -5 % bei Schnittblumen
  • -6,7 % bei den blühenden Zimmerpflanzen
  • -3,4 % bei den grünen Zimmerpflanzen
Eigenproduktionen nehmen zu

Die Pandemie sorgte auch für Veränderungen bei der Kundenstruktur: So bemerkten die Gärtnereien einen Zuwachs vor allem bei den jungen Kunden unter 25 Jahren und den Familien. Der Anteil der Eigenproduktion hat sich in den Betrieben laut eigenen Angaben um durchschnittlich 27,7% erhöht.

Herausforderung Energiekosten

Die zukünftigen Herausforderungen für die Gartenbau-Unternehmer liegen laut Bihrer in den Bereichen Energiekosten, CO2-Besteuerung, Personalmangel, Anhebung des Mindestlohns und der Rohstoff- und Materialbeschaffung. Allerdings würden Trends wie Nachhaltigkeit, Artenschutz, Urban Jungle oder "Social Gardening" auch Chancen für die grüne Branche bieten. Während der Pandemie habe sich die Pflanze als "Überlebensmittel" bewährt. Wie nachhaltig diese Entwicklung ist, wird sich in den nächsten Jahren zeigen.

Kostenexplosion im Gartenbau

Porträtfoto Stefan Büschel

Auf die Herausforderungen der Kostensteigerungen bei Energie, Material und Personal in der Gartenbaubranche ging Stefan Büschel von der Steuerkanzlei BWA in Nürnberg ein. Um weiterhin gewinnorientiert zu arbeiten, müssten diese unbedingt an die Kunden weitergegeben werden. Die Umsätze in den Gärtnereien seien wegen des Wegfalls der Pauschalierung vieler Betriebe um 3 bis 5 % gesunken. Demgegenüber sind die Kosten von Personal, Wareneinsatz und Energie gestiegen. Büschel geht davon aus, dass die Kosten für den Wareneinsatz künftig zwischen 10 bis 15 % ansteigen, bei Pflanzentöpfen um ca. 20 % und im Einzelfall auch noch deutlich höher liegen werden. 

Generell waren die Jahre 2020 und 2021 gute Jahre für den Gartenbau. Es muss jedoch in Zukunft mit enormen Kostensteigerungen im Energiesektor (Heizöl, Strom, Gas & Hackschnitzel) gerech-net werden. Büschel erklärt, dass die Preissteigerungen im Einkauf nur über höhere Umsätze und damit über höhere Verkaufspreise ausgeglichen werden könnten. Dies verdeutlicht er anhand einer betriebswirtschaftlichen Analyse eines Beispielbetriebs.

Preiskalkulation von Schnittblumen

Auch an die Preiskalkulation von Schnittblumen müsse betriebswirtschaftlich herangegangen werden. Als Beispiel nennt er einen Aufschlagsatz von 2,5. Berücksichtigt der Unternehmer die Arbeitszeit und den möglichen Verderb der Ware, müsste realistisch mit einem Aufschlagsatz von ca. 3,0 gerechnet werden. Preisanpassungen gleichen nicht nur die Kostensteigerung sondern auch die Inflation aus. Preiserhöhungen könnten nach Ansicht Büschels derzeit gut durchgesetzt werden, da die Kunden bereits an höhere Preise in anderen Bereichen (z.B. Lebensmittel, Energie) "gewöhnt" sind. Umsatz, Wareneinsatz und Personalkosten müssten bei der betriebswirtschaftlichen Auswertung unbedingt im Auge behalten werden, um künftig marktfähig zu bleiben.

Betriebsvergleich 4.0

Uta Hübner wies ergänzend auf das Tool ,"Betriebsvergleich 4.0" des Zentrums für Betriebswirtschaft im Gartenbau (ZBG) Hannover hin. Der Kennzahlenvergleich sei sehr gut geeignet, um stets einen aktuellen Überblick über die Betriebszahlen zu erhalten. Hier können online kostenlos die eigenen Kennzahlen mit ähnlichen Betrieben derselben Fachsparte verglichen werden. Auch das Erstellen von Planungsrechnungen über eine Online-Kennung wird von Hübner empfohlen.

Lokale Helden: Konzepte und Chancen für den Fachhandel

Porträtfoto Richard Petri in Gewächshaus

Bei Richard Petri, Gründer und Geschäftsführer der RiPlant GmbH, ging es um die Zukunftsfähigkeit der klassischen Endverkaufsbetriebe. Er arbeitete viele Jahre in verschiedenen Bereichen und Regionen der Pflanzenindustrie und leitete Projekte für eine nachhaltigere Pflanzenproduktion in Äthiopien und Uganda. In seinem Vortrag ging er auf die Marktveränderungen ein: Kleine Einzelhandelsgärtnereien weichen zunehmend den wachsenden Großunternehmen. "Der klassische Gartenbau weicht der Moderne", sagte Petri.
Allerdings sei der Endverkaufsbetrieb mit seinem Produkt und der damit verbundenen Botschaft wesentlich näher am Kunden. Dies sei die große Chance für den gärtnerischen Einzelhandel, um die Pflanzen in der Direktvermarktung wertig zu verkaufen.  

Gartenbauliche Themen im Trend

Insgesamt steige das Interesse für gartenbauliche Themen in der Gesellschaft an. Das habe gerade auch die Pandemie gezeigt. Insbesondere junge Menschen identifizieren sich wieder mehr mit dem Gärtnern und suchen in sozialen Medien nach Einkaufsstätten, Kursen und Literatur. Themen wie Nachhaltigkeit, Regionalität und Bio rücken weiter in den Vordergrund.

Petri zeigte an Beispielen auf, wie man als sogenannter "Lokaler Held" von einem bewusst eingesetzten Konzept profitieren kann. Eine Neuausrichtung im Sortiment könne helfen, um sich von der Konkurrenz abzuheben und den Betrieb erfolgreich weiterzuentwickeln. Für den gärtnerischen Facheinzelhandel sollte der Fokus deshalb immer auf der Differenzierung im Produkt- oder Dienstleistungsbereich liegen und die Sortimente an die Kundenzielgruppen angepasst werden.

Lokal und regional vor Bio

Lokale, regionale Angebote werden von den Kunden derzeit besser angenommen als Bio. Der Endverkaufsbetrieb könne davon profitieren. Durch den Kauf von regionalen Produkten werden die regionale Wirtschaft und Landwirtschaft gestärkt. Dies sei ein Hauptargument für viele bewusste Konsumenten.